Meinung

Fünf Fragen die man sich als Fotograf stellen sollte

In einer der Facebook Gruppen in denen ich aktiv bin und die sich thematisch mit der Fotografie auseinandersetzen tauchte der im Anschluss zitierte Beitrag auf.

5 Fragen, die man sich als „FOTOGRAF“ mal stellen sollte.
Muß ein Bild „PERFEKT“ sein?
Wer legt fest, wann ein Bild „GUT“ ist?
Was wäre langweilig und damit nicht „PERFEKT“?
Was wäre kein „GUTES“ Bild?
Wann ist ein „FOTOGRAF“ ein „FOTOGRAF“?

Das sind Fragen die mir schon einige male gestellt wurden und die ich auch in ähnlicher Form in verschiedenen Fotogruppen gelesen habe. Für mich persönlich habe ich diese Fragen schon beantwortet.
Es wäre sicherlich interessant, für den einen oder anderen, zu erfahren wie andere darüber denken.

Fragen, die natürlich sehr leidenschaftlich diskutiert werden können und auch werden. Ich hatte den Fragesteller um Erlaubnis gebeten seine Worte für einen Beitrag verwenden zu dürfen, da ich der Ansicht bin, das die Antworten recht umfangreich ausfallen. Die Erlaubnis wurde mir gegeben und hier nun meine Sichtweise.

Frage 1: Muss ein Bild perfekt sein?

Gleich zum Einstieg kommt die Frage, bei der man am meisten ins Philosophische abdriften kann. Wohl sogar muss. Denn es fehlt die Definition, was „perfekt“ im Zusammenhang mit einer Fotografie überhaupt sein kann. Aber wie definiere ich es am besten um eine Aussage treffen zu können?

Es gäbe die technische Perfektion, die ich anstreben kann. Ich kann erreichen, das ich den goldenen Schnitt sehr gut eingefangen habe. Das ich eine Fibonacci-Spirale über mein Bild legen kann und die perfekt trifft. Ich kann erreichen, das bei einer Architektur-Aufnahme keine stürzenden Linien zu sehen sind oder bei einem Makro so viele Aufnahmen kombinieren, das ich ein sehr detailreiches Bild mit einer durchgängigen Schärfe aufgenommen habe.

Ebenso kann mir eine emotionale Perfektion gelingen. Ich nehme ein Bild auf, das ein gewolltes Gefühl beim Betrachter auslöst. Eine Aufnahme die Lachen, Freude, Traurigkeit oder Furcht auslöst.

Es gibt also verschiedene Ebenen, auf denen ich Perfekt sein kann. Aber muss ein Bild nun perfekt sein? Eine verwackelte Architektur-Aufnahme eines baufälligen Hauses kann für einen Katalog nicht perfekt sein. Aber vielleicht ist sie perfekt als Hintergrund für eine Fotomontage zu Halloween. Etwas, das auf der einen Seite nicht gut, unpassend oder unschön ist kann auf der anderen Seite genau das Gegenteil sein. Es ist wohl ein wenig Zielgruppenorientiert, was als perfekt beschrieben wird.

Eine Sache kam mir aber noch in den Sinn. Angenommen, es gäbe das „Eine Bild“, jenes perfekte Foto das jedem absolut als schönste Bild aller Zeiten gefällt. Es ist in jedem Belang auf höchstem Niveau. Wäre das nicht ein Desaster, wenn man wüsste, das man nie wieder etwas besseres hinbekommen kann? Würde man dann überhaupt noch einen Antrieb haben um zu fotografieren? Ein erschreckendes Gedankenexperiment.

Frage 2: Wer legt fest, wann ein Bild „Gut“ ist?

Zuerst einmal entscheide ich selbst ob ein Bild gut ist. Ich bewerte ein Bild mit dem Wissen, welches ich zum Zeitpunkt der Erstbetrachtung habe und finde es gut oder nicht. Da mein Wissen wächst, wird sich auch meine eigene Bewertung ändern. Ein Bild, was ich vor vier Jahren gemacht habe, wird mir heute eventuell nicht mehr gefallen. Vielleicht, weil sich meine Sichtweise geändert hat, weil ich einen anderen Stil verfolge oder es einfach ein schlechtes Bild ist, das ich damals noch nicht so gesehen habe.

Reiche ich ein Bild bei einem Wettbewerb ein oder Veröffentliche es, entscheide ich nicht mehr alleine ob das Bild gut ist. Es gibt eine Jury, die nach gewissen Kriterien entscheidet. Ein Bild von einer Blumenwiese wird nicht gut sein, wenn es das Thema nicht erfüllt. Möchte man lieber das Bild einer Blumenwiese sehen, könnte man das Bild einer Schneelandschaft subjektiv als nicht gut bezeichnen.

Eine Frage, die darum meiner Meinung nach unterschiedlich beantwortet wird, je nachdem wer meine Bilder sieht.

Frage 3: Was wäre langweilig und damit nicht perfekt?

Bei dieser Frage bediene ich mich bei einer bereits gegebenen Antwort aus der Gruppe. „Langweilig ist nicht das Gegenteil von Perfekt“. Aber darf man es sich so einfach machen? Ist es wirklich nicht das Gegenteil? Zum Beginn meiner Überlegungen war ich der Meinung, das die Antwort, welche ich in der Gruppe gefunden habe zutrifft. Dann habe ich mich aber an ein Zitat erinnert. Die Essenz aus dieses Zitats ist, das ein gutes Foto nicht langweilig sein kann. Ihr kennt es vielleicht:

Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man länger als eine Sekunde schaut. -Henri Cartier-Bresson

Indirekt sehr zutreffend. Ein langweiliges Bild schaue ich mir nämlich kurz an und lege es dann beiseite. Wir sind dabei natürlich noch lange nicht an „perfekt“ angekommen. Hier stellt sich aber ein Kreisbezug zur Frage 1 her. Denn ohne die Beantwortung dieser Frage, kann ich hier keine finale Aussage treffen.

Frage 4: Was wäre kein gutes Bild

Hier kann ich mir es aber einfach machen. Denn ich kann sie teilweise mit der Antwort zu Frage 3 beantworten. Ein langweiliges Bild ist nicht gut. Für mich wäre ein Bild ohne Aussage, Emotion oder Ausdruck nicht gut. Ich selbst finde bei mir oft genug Bilder, die ich nicht gut finde. Und wie wir das bei Frage 2 schon gelesen habe. Ich selbst lege in erster Instanz fest ob ein Bild gut ist oder nicht.

Frage 5: Wann ist ein Fotograf ein Fotograf

Streng nach den Richtlinien der Handwerksordnung wohl nur der, der auch eine Ausbildung abgeschlossen hat. Wie aber bei den meisten Dingen, gibt es von vielen Berufen das Derivat eines Hobbyisten oder Amateurs. Personen, die etwas gut hinbekommen, ganz ohne dass sie das Handwerk erlernt haben. Sei es, weil sie dazu ein Talent haben oder es sich selbst beigebracht haben.

Für mich selbst beantworte ich es damit, das man sich dann als Fotograf bezeichnen darf, wenn man mehr tut als nur „Knispen“. Ein Deppenszepter, pardon Selfie-Stick mit einem Smartphone zu bestücken um ein Selfie zu machen, erlaubt mir noch lange nicht, mich als Fotograf zu bezeichnen. Setze ich mich aber ernsthaft mit dem Thema, meiner Kamera, Dingen wie Bildaufbau und Gestaltung auseinander kann ich mir erlauben mich als Hobby-Fotograf oder mit steigenden Fähigkeiten auch als Amateur zu bezeichnen. Der Einfachheit halber, mag man das Wort Hobby oder Amateur weglassen, wenn man danach gefragt wird ob man denn Fotograf ist, es würde mir aber nicht im Traum einfallen jemandem zu erzählen, das ich eine Berufsausbildung dazu gemacht habe, wenn es nicht den Tatsachen entspräche.

Man schmückt sich eben nicht mit fremden Federn.

Hiermit enden meine Überlegungen zu den Fragen. Mein Dank geht an Hadi Trab, der den Beitrag ins Rollen gebracht hat. Die Fragen ermöglichten mir, sich Gedanken über einen selbst und die Fotografie an sich zu machen. Es sind natürlich Antworten, welche ich sehr subjektiv gegeben habe und die keinesfalls Allgemeingültig sind. Vielleicht regen Euch die Fragen dazu an, für Euch selbst Antworten darauf zu finden. Wenn ja, freue ich mich über Feedback.

Merkosh

3 Gedanken zu „Fünf Fragen die man sich als Fotograf stellen sollte

  • Hadi Trab

    Sehr interessante Ansichten zu den von mir gestellten Fragen. Als ich diese Fragen für mich beantwortet habe bin zu ein ähnlichen Ergebnis gekommen. Ich finde es schön das nicht nur ich so denke.

    Übrigens eine Interessante Seite die hier aufgebaut habt.

    • Merkosh

      Vielen Dank. Es ist denke ich nie verkehrt, sich Gedanken zu machen über das, was man tut. Vor allem dann nicht, wenn es eine so interessante Sache wie Fotografie ist.

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